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CHOICE BLINDNESS – SIND WIR ALLE MEISTER IM SELBSTBETRUG?

von Christoph Edenhauser & Markus Feistritzer

Diverse Forscher sind der Meinung, dass man uns Menschen eine NICHT selbst getroffene Entscheidung einfach unterschieben kann und diese Wahl trotzdem als die Eigene verteidigt wird. Soll so viel heißen wie: Die erste Wahl ist die beste und entscheidende Wahl, auf welche wir immer wieder zurückgreifen – trotz vorhandener Alternativen. Glauben Sie nicht? Dann lesen Sie bitte unseren heutigen Blogbeitrag zum Thema „Choice Blindness“!

Von untergejubelten Entscheidungen und der enormen Macht der Überzeugung

Lars Hall und Petter Johansson von der Universität Lund gingen der Frage auf den Grund, was passiert, wenn man Personen eine Entscheidung „unterschiebt“ wie ein Kuckuckskind. Dazu haben sie folgendes Experiment durchgeführt: Die Teilnehmer wurden aufgefordert, zwei vorgelegte Portraitfotos nach ihrer Attraktivität zu bewerten – und ihre Wahl entsprechend zu begründen. Unauffällig wurden die beiden Fotos vom Testleiter vertauscht und die Testpersonen erhielten das Bild, das sie nicht gewählt hatten. Überraschendes Ergebnis: 87% der Teilnehmer bemerkten den „Betrug“ gar nicht und begründeten ihre Wahl ohne den geringsten Zweifel, dass es sich dabei um ihr favorisiertes Gesicht handle. Die Wahrnehmung ist demnach weniger entscheidend als die intuitive und ganzheitliche Begründung der vorgefassten Meinung. Dieses Phänomen ist als „Choice Blindness“ (Wahlblindheit) bekannt (Schützenhofer 2016: o. S.). Sehen Sie mehr zu diesem Experiment in dem BBC-Video.

Dass Geschmäcker verschieden sind, ist bekannt – und gut. Dass wir uns allerdings trotz funktionierender 5 Sinne derart in die Irre führen lassen, wurde bereits mehrfach durch Experimente bewiesen. Der  schwedische Forscher Lars Hall lieferte mit seinen Kollegen ein weiteres Experiment in einem Supermarkt, zu dessen Teilnahme 180 Personen motiviert werden konnten. Bei dem Test wurden von den Versuchspersonen verschiedene Sorten Marmelade und Tee verkostet. Sie wurden gebeten, die von ihnen bevorzugten Sorten beider Lebensmittel bekanntzugeben. Nach der Entscheidung wurde um eine nochmalige Verkostung der verschiedenen Produkte gebeten. Die Studienteilnehmer sollten nochmals erklären, warum sie sich für die entsprechende Sorte entschieden haben. Was die Testpersonen nicht wussten: die Marmeladen und Tees wurden heimlich vertauscht, d.h. die Teilnehmer waren der Meinung, gerade ihre Lieblingsprodukte zu probieren. Ob Sie es glauben oder nicht: zwei Drittel der Versuchspersonen bemerkten den auffälligen Tausch nicht! Wie kann es sein, dass die Teilnehmer den Unterschied zwischen Grapefruit und Apfel-Zimt-Marmelade nicht feststellen? Wie kann es sein, dass der favorisierte  „Honig-Tee“ plötzlich nicht mehr identifiziert werden kann? Weitere Informationen zu diesem Experiment liefert der Artikel von Daniel Rettich aus dem Jahre 2010.

Die Moral von der Geschichte…

Anscheinend haben unsere Sinne stets eine entsprechende Vorliebe – egal ob in Bezug auf den Geruchs- oder  Geschmacksinn oder sogar auf unser Sehvermögen. Dass sich unser Gehirn allerdings an diese Präferenz erinnert, ist nicht erwiesen..

Zum Schluss die gute Nachricht

„Choice Blindness“ ist nicht automatisch negativ. In diversen Alltagssituationen erweist sich dieses Phänomen sogar als recht hilfreich. Wahlblindheit kann zum Beispiel den Fortbestand von langjährigen Beziehungen sichern! Wie das gehen soll?

Folgendes Beispiel gibt Aufschluss: Stellen Sie sich vor, ein Partner ist nach jahrelangem Zusammenleben nicht mehr derselbe. Also beispielsweise wurde der Partner damals aufgrund seiner Sportlichkeit und Aktivität ausgewählt, die sich mit zunehmenden Alter aber erheblich reduziert hat. In diesem Fall kann als Begründung für die damalige Wahl eine andere Eigenschaft, wie z.B. die Zuverlässigkeit des Partners an den Platz des ursprünglichen Grundes treten. Somit hat das Modell der „Choice Blindness“ einen erheblich Vorteil: Wir müssen unsere Partner aufgrund solcher Veränderungen nicht verlassen, wir können unsere Entscheidungskriterien dementsprechend anpassen (Schützenhofer 2016: o. S.).

Vermutlich stellt die Änderung der Betrachtungsweise nicht die Patentlösung für sämtliche Beziehungsprobleme dar - und dennoch: Vieles im (Berufs-)Leben kann wohl durch einen anderen Blickwinkel grundlegend verändert werden. Wenn Sie – motiviert durch unseren Beitrag – entsprechende Überlegungen anstellen und dieser Perspektiven-Wechsel Ihren Alltag verbessert, freuen wir uns umso mehr!

 

Viel Spaß beim Experimentieren wünschen,

Markus Feistritzer & Christoph Edenhauser

 

 

Verzeichnis und weiterführende Information

Schützenhofer, Luis: Die Harmoniefalle – Nur Dissonanz bringt uns weiter, Wien, 2016 o.S.

Rettich, Daniel: Von Sinnen – Das Phänomen der Wahlblindheit, Online: Alltagsforschung.de, den kompletten Artikel finden Sie unter diesem Link.

Das im Jahre 2009 erschienene BBC-Video zum Phänomen „choice blindness“ finden Sie hier.

 

von Christoph Edenhauser & Markus Feistritzer | Kategorien: Leadership

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